ASTM D6641 Combined Loading Compression
Die ASTM D6641 ist ein Standardprüfverfahren zur Bestimmung von Elastizitätsmodul sowie Festigkeit und Bruchdehnung von Faserverbundlaminaten unter Druckbelastung. Der Versuch eignet sich für 0°, 90° oder multidirektionale UD Laminate, für Gewebe und Gelege Composites oder für Faserverbundwerkstoffe mit diskontinuierlich und zufällig verteilten Verstärkungsfasern (z.B. Chopped Fiber Composites, SMC).
Im Combined Loading Compression Versuch erfolgt eine kombinierte Krafteinleitung durch eine Normalkraft-Komponente über die Endflächen und durch eine Schubkraft-Komponente über den geklemmten Teil der Probe. Diese kombinierte Krafteinleitung ist insbesondere für Druckversuche an Faserverbundlaminaten mit hohen Festigkeiten vorteilhaft. Die Einhaltung der in der Norm vorgegebenen Toleranzen für die Parallelität der Probenendflächen und für die Rechtwinkligkeit der Endflächen zur Belastungsrichtung ist für das Erzielen optimaler Ergebnisse zwingend erforderlich.
Gemäß ASTM D6641 können sowohl Proben ohne Aufleimer (Prozedur A) als auch Proben mit applizierten Aufleimern (Prozedur B) verwendet werden. Siehe untenstehenden Abschnitt „Probekörper und Abmessungen“ für weitere Informationen.
Ebenfalls häufig für Druckversuche an lang- oder endlos faserverstärkten Kunststoffen verwendete Prüfnormen sind nach dem reinen End Loading Prinzip die ASTM D695 oder DIN EN 2850 Verfahren B und nach dem reinen Shear Loading Prinzip die ASTM D3410 oder ISO 14126 Methode 1. Ein weiterer genormter Combined Loading Compression Versuch ist in ISO 14126 Methode 2 beschrieben.
Ziel & Kennwerte Versuchsdurchführung CLC Prüfvorrichtung Prüfmaschinen Dehnungsmessung Prüfbedingungen Probekörper
Ziel der Prüfung und ermittelte Kennwerte nach ASTM D6641
Druckversuche für Composites nach ASTM D6641 werden u.a. zur Ermittlung der mechanischen Druckeigenschaften bei der Materialentwicklung und Qualifizierung, zur Kennwertbestimmung für Auslegung und Design von Composite Strukturen sowie in der Qualitätssicherung durchgeführt.
Mit dem Combined Loading Compression Versuch nach ASTM D6641 können folgende charakteristische Ergebnisse und Kennwerte ermittelt werden:
- Druckspannung: Druckkraft bezogen auf den Anfangsquerschnitt des Probekörpers
- Stauchung: Änderung der Messlänge bezogen auf die Anfangsmesslänge in Lastrichtung
- Druckmodul: Steigung der Spannungs-Stauchungs-Kurve im Druckversuch in einem festgelegten Dehnungsintervall im elastischen Bereich. Auch als Elastizitätsmodul oder E-Modul bezeichnet
- Druckfestigkeit: Maximalwert der im Druckversuch ermittelten Druckspannung
- Bruchdehnung: Stauchung bei Erreichen der Druckfestigkeit
Bei Verwendung eines biaxialen Dehnmessstreifens, mit dem die Dehnung in Längs- und Querrichtung gemessen werden kann, könnte im Druckversuch nach ASTM D6641 auch die Poissonzahl ermittelt werden und wird entsprechend in der Norm diskutiert. Dies ist jedoch aufgrund der relativ kleinen freien Probenlänge im Druckversuch unpraktisch und wird daher nur sehr selten praktiziert. Zur Bestimmung der Poissonzahl wesentlich besser geeignet ist der Zugversuch nach ISO 527-4,-5 oder ASTM D3039.
Wie wird der Druckversuch nach ASTM D6641 durchgeführt?
Im Folgenden finden Sie wichtige Hinweise zur Durchführung des Combined Loading Compression Versuchs an Composites und der dafür erforderlichen Prüfmaschinen, Prüfvorrichtungen und Dehnungsmessgeräten. Für detaillierte Informationen zur ASTM D6641 ist der Erwerb der Norm unerlässlich.
ASTM D6641 Combined Loading Compression Prüfvorrichtung
Für den Combined Loading Compression (CLC) Versuch nach ASTM D6641 wird eine Prüfvorrichtung benötigt mit der die kombinierte Krafteinleitung über die Endflächen und über den geklemmten Teil der Probe ermöglicht wird.
Bei der in der Norm gezeigten Combined Loading Compression Vorrichtung geschieht die Klemmung der Probe über je 4 Schrauben im oberen und unteren, zueinander geführten Teil der Vorrichtung. Die Endflächen der Probe sind bündig mit den Endflächen der Vorrichtung. Die Prüfvorrichtung mit eingebauter Probe wird dann zwischen parallel ausgerichtete gehärtete Druckplatten gestellt und unter Druck bis zum Bruch der Probe belastet.
Gemäß ASTM D6641 kann für den Combined Loading Compression Versuch auch eine vergleichbare Prüfvorrichtung verwendet werden die dem Prinzip der kombinierten Krafteinleitung in den Probekörper entspricht:
Die ursprünglich von IMA Dresden entwickelte und exklusiv von ZwickRoell erhältliche Hydraulic Composites Compression Fixture (HCCF) für Druckversuche an Composites bis 250kN ist eine äußerst vielseitig verwendbare Druckvorrichtung die auch für den Combined Loading Compression Versuch nach ASTM D6641 geeignet ist.
Einige Vorteile und Eigenschaften der HCCF
- Ermöglicht die Durchführung von Druckversuchen nach dem Combined Loading Compression Prinzip (ASTM D6641, ISO 14126 Methode 2 oder Airbus AITM 1-0008)
- Ermöglicht die Durchführung von Druckversuchen nach dem reinen Shear-Loading Prinzip (ASTM D3410 oder ISO 14126 Methode 1)
- für Druckkräfte bis 250kN
- für Probenbreiten bis 35 mm und Laminatdicken bis 10 mm
- schneller Probendurchsatz während der Prüfung, da die HCCF in der Prüfmaschine verbleibt
- exakt zueinander ausgerichtete Klemmbacken und keine Verschiebung der Klemmbacken zueinander im Versuch
- Uneingeschränkte Sicht auf den freien Teil der Probe ermöglicht die Verwendung von optischen Dehnungsmessmethoden wie Digital Image Correlation (DIC)
Hinweis: ASTM D6641 erfordert eine beidseitige Dehnungsmessung auf den gegenüberliegenden Flächen im freien Teil der Probe. Hierfür sind aufgrund der relativ kleinen Fläche von 13x13mm² der nominellen ASTM D6641 Probengeometrie, Dehnmessstreifen in der Regel die am besten geeignetste Methode der Dehnungsmessung. Siehe untenstehenden Abschnitt „Dehnungsmessung“ für weitere Informationen.
- Eine durch Abweichungen in der Klebschicht- oder Aufleimer-Dicke hervorgerufene Verformung bei der Klemmung der Probe, erkennbar durch einen absoluten Unterschied von >150 µe zwischen den beidseitig messenden Dehnmessstreifen, kann durch Öffnen der Klemmbacken und Shimmen schnell und unkompliziert korrigiert werden.
- für Druckversuche im Temperaturbereich von -60°C bis +150°C einsetzbar
- Hydraulische Handpumpen ermöglichen eine sehr fein dosierte Klemmung der Probe
Für die HCCF sind Backeneinsätze mit Schuppenraster oder mit einer durch ein thermisches Beschichtungsverfahren aufgebrachten rauen Oberfläche erhältlich. Die Klemmbacken mit thermischer Beschichtung gilt es zu verwenden, wenn Probekörper ohne Aufleimer geprüft werden (ASTM D6641 Prozedur A).
Prüfmaschine für ASTM D6641
Für Druckversuche nach ASTM D6641 mit nominellen Probekörpern und für viele andere genormte Prüfmethoden von faserverstärkten Kunststoffen ist die Verwendung einer 100 kN Prüfmaschine AllroundLine oft ausreichend. Gezeigt ist der Versuchsaufbau für Druckversuche mit HCCF Druckvorrichtung und Verlängerungsgestänge oben und unten, welche Druckversuche in der Temperierkammer ermöglicht. Für Druckversuche bei Raumtemperatur wird das Verlängerungsgestänge nicht benötigt. Mit der dargestellten 100 kN Maschinenkonfiguration ist durch die Verwendung von mechanischen Körper-über-Keil Probenhaltern für Zugversuche (siehe kleines Bild oben rechts) ein leichter Wechsel zwischen unterschiedlichen Prüfaufbauten und Prüfvorrichtungen möglich. Durch den einfachen Ausbau der Probehalter kann darüber hinaus der gesamte Arbeitsraum der Prüfmaschine auch für Nicht-Standard Versuche verwendet werden. Die Standfüße ermöglichen eine individuelle und ergonomische Anpassung der Arbeitsraumhöhe.
Werden ausschließlich glasfaser-verstärkte Kunststoffe (GFK) geprüft, ist eine statische Prüfmaschine mit einer Maximalkraft von 50 kN in der Regel ausreichend.
Modulares Composite Prüfsystem
Größere Prüflabore mit entsprechend hohem Prüfaufkommen setzen für die sehr vielfältigen Composites Prüfmethoden unterschiedliche Prüfmaschinen ein und können so den Umbauaufwand minimieren. Die einzelnen Prüfmaschinen können dabei auf den Kraftbereich verschiedener Versuchsarten angepasst werden. Wenn das Prüfaufkommen nicht so hoch oder so regelmäßig ist, dass sich die Investition in mehrere Prüfmaschinen lohnt, ist es vorteilhaft, eine einzige Prüfmaschine so auszustatten, dass möglichst viele Prüfverfahren mit dem geringstmöglichen Umbauaufwand durchgeführt werden können.
Hierfür hat ZwickRoell ein modulares Konzept entwickelt, erhältlich als statische 100kN oder 250kN Prüfmaschine, mit der 21 Prüfmethoden und ca. 120 Prüfnormen (ISO, EN, ASTM, sowie Airbus AITM und Boeing BSS) abgedeckt sind und welches eine umfangreiche Charakterisierung von Faserverbundwerkstoffen bei Raumtemperatur oder bei Versuchen mit niedrigen oder erhöhten Temperaturen von -80°C bis +360°C ermöglicht
Zuverlässig Prüfen nach ASTM D6641 dank Prüfsoftware testXpert
Die Prüfsoftware testXpert unterstützt effizientes Prüfen und zuverlässige Prüfergebnisse nach ASTM D6641:
- Sparen Sie sich das Studieren der Normen: Garantierte Normerfüllung durch Standard-Prüfvorschriften – darin sind alle Kennwerte und Parameter der ASTM D6641 bereits hinterlegt.
- Maximale Prüfeffizienz schaffen Sie sich durch die Anbindung von Peripheriegeräten: Wenn die Probendimensionen von der Bügelmessschraube oder dem Messschieber direkt an die Prüfsoftware geschickt werden, spart dies Zeit und Eingabefehler werden ausgeschlossen.
- Überprüfen und steuern Sie die Temperatur in der Kammer ebenfalls über die Software. Setzen Sie Temperaturrampen und sehen Sie nachvollziehbar auch im Nachhinein die eingehaltenen Werte.
Dehnungsmessung im Druckversuch nach ASTM D6641
Der Druckversuch nach ASTM D6641 erfordert eine beidseitige und voneinander unabhängige Dehnungsmessung im freien ungestützten Bereich der Probe (Gauge Length). Aufgrund der relativ kleine Fläche von 13x13 mm2 der nominellen Probengeometrie ist die Verwendung von beidseitig applizierten Dehnmessstreifen (DMS) die am besten geeignetste Methode der Dehnungsmessung.
Eine beidseitige und unabhängige Dehnungsmessung am Probekörper ist erforderlich um eventuell überlagerte Biegeverformungen am Probekörper zu erkennen und gültige von ungültigen Versuchen zu unterscheiden. Siehe untenstehenden Abschnitt „Prüfbedingungen – Überwachung überlagerter Biegeverformung (Percent Bending)“.
Durch die offene Bauweise der HCCF Druckvorrichtung ist alternativ die Verwendung eines beidseitig unabhängig messenden Clip-on Extensometers möglich. Hierfür wird jedoch eine freie Länge von mindestens 13 mm benötigt. Eine größere freie Länge ist laut ASTM D6641 zulässig und ist für die Verwendung eines Clip-on Extensometers vorteilhaft, sofern die Probekörperdicke entsprechend dimensioniert ist, um Euler-Knicken zu vermeiden.
Haben Sie Fragen zum Composite Druckversuch nach ASTM D6641 oder Interesse an unseren Prüfvorrichtungen und Prüfmaschinen?
Unser Branchenexperte berät Sie gerne!
Prüfbedingungen nach ASTM D6641
Prüfgeschwindigkeit
Die nominelle Prüfgeschwindigkeit laut ASTM D6641 beträgt 1.3 mm/min.
Gültiges Probenversagen
Für die Dokumentation des Probenversagens steht in ASTM D6641 ein Code aus 3 Buchstaben zur Verfügung, welcher den Versagensmode und die Position entlang der Probe eindeutig definiert. Je nach Faserarchitektur und geprüftem Laminat können unterschiedliche gültige Versagensarten im Druckversuch auftreten, z.B. Bruch quer über die Probenbreite, angewinkelter Schubbruch durch die Probendicke (i.d.R. bei Druckversuchen an 90° UD Laminaten), Kink-Band, Brooming, Splitting, Delamination oder Kombinationen verschiedener gültiger Versagensarten.
Der Druckversuch ist nur gültig wenn die Probe innerhalb der freien Länge bricht. Ein Bruch im mittleren Bereich der freien Länge entspricht dem Idealfall, auf Grund der kurzen freien Länge und den teils winklig verlaufenden Bruchflächen treten jedoch auch Brüche am Übergang von den Klemmbacken zum freien Bereich bzw. am Übergang vom Aufleimer zum freien Bereich auf. Dies wird ebenfalls als gültiges Probenversagen gewertet.
Ungültige Versagensarten sind Euler-Knicken oder Versagen an den Probenendflächen sowie jede Art von Probenversagen im Klemmbereich.
Überwachung von überlagerter Biegeverformung (Percent Bending)
Zusätzlich zum gültigen Probenversagen darf für einen insgesamt gültigen Druckversuch nach ASTM D6641 eine der Drucklast überlagerte Biegeverformung einen festgelegten Bereich nicht überschreiten. Der hierfür berechnete Percent Bending Wert wird unter Verwendung der beidseitig am Probekörper ermittelten Dehnungssignale ε1 und ε2 unter Verwendung der Formel By=(ε1-ε2)/(ε1+ε2)×100 berechnet.
Für einen gültigen Versuch gilt: By<10% im mittleren Dehnungsintervall der E-Modul Bestimmung bei 2000µε und By<10% für Druckfestigkeit und Bruchdehnung.
Treten durch Vorversagen im Laminat nahe der Bruchfestigkeit Sprünge und Diskontinuitäten im Dehnungssignal auf, ist der Versuch auch bei Einhaltung des Percent Bending Kriteriums bei 90% der Druckfestigkeit gültig.
Temperaturbereich
Da die mechanischen Eigenschaften faserverstärkter Kunststoffe eine starke Temperaturabhängigkeit aufweisen, werden neben Druckversuchen bei Raumtemperatur auch Versuche bei niedrigen und erhöhten Temperaturen durchgeführt. Hierfür kann die ZwickRoell HCCF Druckvorrichtung im Temperaturbereich von -60° bis +150°C verwendet werden, was übliche Spannen von Temperaturversuchen zwischen -40° und +80°C (+120°C) für Automobil Anwendungen sowie zwischen -55°C und +120°C in der Luftfahrt abdeckt.
ASTM D6641 Probekörper & Abmessungen
Probentyp | Schematiche Darstellung der Probe | Anmerkungen |
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ohne Aufleimer (Prozedur A) | kann für multidirektionale Laminate mit weniger als 50% 0° Lagen verwendet werden, wenn Versagen an den Endflächen der Probe vermieden werden kann und dafür keine starke Erhöhung der Klemmkraft über das empfohlene Maß nötig ist. | |
mit Aufleimern (Prozedur B) |
|
- Als Aufleimermaterial kann ein ±45° GFK Laminat verwendet werden welches mit einem geeigneten Klebstoff auf das zu prüfende Laminat geklebt wird. Für Probendicken bis 2.5 mm haben sich Aufleimerdicke von ca. 1.6 mm bewährt. Bei dickeren Probendicken sind ggfs. dickere Aufleimer zu wählen.
- ASTM D6641 definiert keine nominelle Probendicke. Üblicherweise werden Probendicken von 2 bis 3 mm geprüft. Dickere Laminate können ebenfalls geprüft werden, sofern die dafür verwendete Druckprüfvorrichtung dies ermöglicht. Für geringere Probendicken ist insbesondere bei Laminaten mit geringen Steifigkeiten auf die in der Norm angegebene Dimensionierung gegen Euler-Knicken zu achten
- Die HCCF Druckvorrichtung wurde ursprünglich für den Combined Loading Compression Versuch nach Airbus AITM 1-0008 entwickelt. Die dabei in der AITM 1-0008 vorgegebene Länge der Klemmbacken beträgt 65mm. Die Original Klemmbacken der HCCF sind für die nominelle ASTM D6641 Probengeometrie somit jeweils um 1.5 mm zu lang.Um den Combined Loading Compression Versuch nach ASTM D6641 mit der HCCF durchzuführen muss entweder eine 143 mm lange Druckprobe verwendet werden. Alternativ können passende, für die nominelle Probenlänge von 140 mm vorgesehene Klemmbacken verwendet werden.