Energiefreisetzungsrate G
Bei der Charakterisierung von Faserverbundwerkstoffen spielen die Energiefreisetzungsraten als bruchmechanische Kennwerte eine herausragende Rolle.
Die interlaminate Energiefreisetzungsrate G ist eine Kennzahl, die in der Materialwissenschaft und insbesondere im Bereich der Verbundwerkstoffe verwendet wird, um die Rissausbreitung zwischen den einzelnen Schichten eines Composite Laminats zu quantifizieren. Sie gibt an, wie viel Energie pro Flächeneinheit benötigt wird, um einen Riss zwischen den Schichten voranzutreiben. Dies ist von großem Interesse, da es bei der Entwicklung und Bewertung von Verbundwerkstoffen und Strukturen hilft, die Rissausbreitung und somit die strukturelle Integrität vorherzusagen und zu steuern.
Zur Bestimmung der interlaminaren Energiefreisetzungsrate kommen folgende Prüfverfahren zum Einsatz:
- Mode I als Double Cantilever Beam (DCB Test) nach ASTM D5528 - Risswachstum durch Zugbelastung normal zur Rissfläche / Rissöffnung
- Mode II meist im ENF Test (End Notch Flexure) nach ASTM D7905 - Risswachstum durch Schubbelastung im Laminatquerschnitt
- Mixed Mode Bending Test (MMB Test) - ermöglicht die gleichzeitige Untersuchung von Mode I und Mode II Risswachstum und bietet somit den Vorteil, realistischere Rissausbreitungsbedingungen in Materialien und Strukturen zu simulieren, was in vielen praktischen Anwendungen relevanter ist als die isolierte Betrachtung von Mode I oder Mode II
Normen-Übersicht Mode I Mode II Mixed Mode I/II Downloads Beratung anfordern
Genormte Verfahren zur Bestimmung der Energiefreisetzungsrate Gc
Die in den Normen definierten Prüfverfahren zur Bestimmung der Energiefreisetzungsrate geben Aufschluss über die rissflächenbezogene Energie, die bei einem definierten Probekörper aufgewendet werden muss, um einen Riss voranzutreiben. Das Ergebnis ist damit ein Wert, der die Rissausbreitungsempfindlichkeit eines Laminats beschreibt. Bei der Messung wird nach der Art der Beanspruchung unterschieden:
Mode I* | Mode II | Mode II | Mixed Mode I/II | |
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Versuchsaufbau | Double Cantilever Beam Test (DCB Test) | End Notch Flexure Test (ENF Test) | Calibrated End Loaded Split Test (C-ELS Test) | Mixed Mode Test (MMB-Test) |
Banspruchungsart |
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Normen |
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* Mode I wird am häufigsten angewandt
Mode I Double Cantilever Beam Test ASTM D5528, ISO 15024, EN 6033
Mode I Energiefreisetzungsraten werden üblicherweise mit dem DCB Test (Double Cantilever Beam) Versuchsaufbau nach ASTM D5528, EN 6033 und ISO 15024 durchgeführt. Die Prüfabläufe und Ergebnisauswertungen unterscheiden sich je nach Normanwendung.
DCB Probekörper:
- Ein Double Cantilever Beam (DCB) Probekörper besteht aus zwei parallel zueinander angeordneten Balken (Cantilevern), die an ihren freien Enden miteinander verbunden sind. Der Double Cantilever Probekörper verfügt über einen Anriss in der Laminatebene, der z.B. durch eine beim Laminieren eingelegte Kunststofffolie erzeugt wurde.
Versuchsvorbereitung und Versuchsdurchführung:
- In der Versuchsvorbereitung werden die Loading Blocks auf die Probe aufgeklebt. Sie werden über die Anschlussbohrung Ø 8 mm in die Probenaufnahme
eingehängt. - Über die Loading Blocks wird eine Zugkraft eingeleitet. Dadurch wird eine Rissöffnung erzeugt.
- Während der Prüfung wird die Rissöffnung dabei als Traversenweg gemessen und um den Betrag der Verformung der Probekörperschenkel korrigiert. Aus dem Integral der gemessenen Kraft über die Verformung wird die eingesetzte Energie berechnet. Das Risswachstum wird visuell an der Seite des Probekörpers verfolgt.
- Die Auswertung der Risslänge kann manuell durch einen Bediener erfolgen, der mit einem Vergrößerungsglas auf die markierte Seitenfläche des Probekörpers schaut.
- Visuelle Rissverfolgung durch die Option Video Recording ermöglicht nachvollziehbare Messergebnisse durch eine nachträgliche, exakte Beurteilung des Prüfverlaufs im Video. Dazu werden digitale Lupen verwendet, die nach Rissfortschritt entlang dem Probekörper mitgeführt werden und während der Messung einen Film aufzeichnen. Dieser Film wird Frame-für-Frame mit der Messwertkurve synchronisiert. So kann die Prüfung im Zweifelsfall nachträglich überprüft und auch korrigiert werden.
Webinar Recording: G1C-Test Mode I
Für die Bestimmung der interlaminaren Energiefreisetzungsrate G1c nach dem Double Cantilever Beam (DCB) Test ist in den meisten Prüfnormen eine synchrone Aufzeichnung von Kraft, Verschiebung und Rissausdehnung erforderlich. Erfahren Sie, wie das ZwickRoell Video Recording System die Datenaufzeichnung und -auswertung für einen DCB-Test nach ASTM D5528 vereinfacht:
- Unterscheidung Mode I DCB Test und Mode II ENF Test (4:04)
- Wichtige Normen für Mode I Verfahren DCT Test (5:10)
- Wie funktioniert der DCB Test? (5:42)
- DCB Probekörper und Versuchsvorbereitung (9:08)
- DCB Versuchsaufbau (15:15)
- Versuchsdurchführung – Live-Demo (16:21)
- Q&A (31:48)
Mode II End Notch Flexure (ENF) Test ASTM D7905, EN 6034
Mode II, Scherung in Lagenebene, wird häufig im ENF Test (End Notch Flexure) gemessen.
Mode II Beanspruchungen können generell sowohl im Biegeversuch, als auch in Zug- und Druckversuch mit gekerbten Probekörpern erzeugt und gemessen werden.
Die Messung der Mode II Energiefreisetzungsrate ist in der ASTM D7905, EN 6034 als Biegeversuch genormt, der als 3-Punkt Biegeversuch oder seltener als 4-Punkt Biegeversuch durchgeführt wird. Hier werden die im Biegeversuch auftretenden Schubspannungen genutzt um den Riss voranzutreiben.
Die Probekörper werden mit SENB (Single End Notch Bending) bezeichnet, aber auch ENF (End Notch Flexure) ist ein gebräuchlicher Term. Die Durchbiegungsmessung erfolgt über den Traversenweg (mit Steifigkeitskorrektur), oder mittels eines Wegaufnehmers, der mittig angesetzt wird.
Der Rissinitiierungspunkt ist durch ein Kraftmaximum charakterisiert. Am Ende der Messung wird der Probekörper in Flüssigstickstoff gekühlt und dann vollständig gebrochen um die Bruchflächen zu vermessen.
Mixed Mode Bending Test (MMB-Test) ASTM D6671
Der Mixed Mode Bending Test (MMB Test) ermöglicht die gleichzeitige Untersuchung von Mode I und Mode II Risswachstum und bietet somit den Vorteil, realistischere Rissausbreitungsbedingungen in Materialien und Strukturen zu simulieren, was in vielen praktischen Anwendungen relevanter ist als die isolierte Betrachtung von Mode I oder Mode II.
- Der Mixed Mode Bending Test (MMB Test) ist in der Norm ASTM D6671 beschrieben.
- „Mixed Mode“ Biegung kann an unidirektionalen Laminaten gemessen werden.
- Die Erzeugung der Rissöffnung (Mode I) erfolgt durch Zug-Krafteinleitung über Scharniere. Die Scherung in Lagenebene (Mode II) wird durch Biegebeanspruchung erzeugt. Das Verhältnis von Rissöffnung und Scherung wird durch Verstellen des Krafteinleitungspunktes am Hebelarm eingestellt. Es reicht von 100% Mode II Beanspruchung bis zu einer signifikanten Mode I-Überlagerung.
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