Schnellzerreißversuch / Hochgeschwindigkeitszugversuch
Das Bruchverhalten von Werkstoffen ist unter anderem auch von der Belastungsgeschwindigkeit abhängig. Schnellzerreißversuche, auch Hochgeschwindigkeitszugversuche genannt, liefern eine Charakterisierung der Zugeigenschaften von Metallen oder Kunststoffen bei hohen Dehnraten. Vor allem für die Crash-Simulation sind diese Parameter besonders wertvoll.
Beim Schnellzerreißversuch werden Zugversuche an flachen Schulterproben mit Belastungsgeschwindigkeiten von bis zu 20 m/s durchgeführt. Auch der Einsatz einer direkten Längenänderungsmessung an der Probe ist möglich, was die Erzeugung von aussagekräftigen Spannungs-Dehnungs-Diagrammen erlaubt.
Die Schnellzerreißversuche werden mit einer Hochgeschwindigkeitsprüfmaschine durchgeführt. Diese servohydraulischen Prüfmaschinen erreichen an den Proben Abzugsgeschwindigkeiten von bis zu 20 m/s bei Kräften von bis zu 160 kN.
Einsatzbereich Video Normen Messdatenerfassung Prüfmaschinen
Crash-Tests sind bereits in der Konstruktion hilfreich
Man weiß seit längerem, dass die mechanisch-technologischen Werkstoffeigenschaften u.a. auch von der Belastungsgeschwindigkeit, sprich Dehnrate, abhängen. In der Realität führen aber gerade stoß- oder schlagartige Beanspruchungen häufig zum Bauteilversagen. So stellten die Konstrukteure schnell fest, als sie begannen die Autos crashsicher auszulegen, dass sie bei Verwendung von Materialkennwerten, gewonnen aus quasistatischen Versuchen, zu falschen Ergebnissen kamen. Erst mit den Daten aus Schnellzerreißversuchen kam es zu einer guten Übereinstimmung von numerischer Simulation und Realität.
Da auch für die Auslegung von Umformprozessen (Blechumformen, Schmieden) zunehmend die numerische Simulation eingesetzt wird, ist die Kenntnis der Fließkurven in Abhängigkeit der Umformgeschwindigkeit unabdingbar. Der Werkstoff-Wissenschaftler spricht in diesem Zusammenhang immer von Dehnraten. Da diese von der Probenform, dem lo, abhängen, sind sie nicht geeignet für die Spezifikation der Maschineneigenschaft. Daher geben die Maschinenhersteller eine Kolbengeschwindigkeit an.
Der Schnellzerreißversuch
Schnellzerreißversuch bei 1000 °C mit einer Hochgeschwindigkeitsprüfmaschine 160 kN / 20 m/s
Normen für Schnellzerreissversuche
- SEP 1230: Ermittlung mechanischer Eigenschaften an Blechwerkstoffen bei hohen Dehnraten im Hochgeschwindigkeitszugversuch
- DIN EN ISO 26203-2: Metallische Werkstoffe – Zugversuch bei hohen Dehngeschwindigkeiten – Teil 2: Servohydraulische und andere Systeme
- Normungsprojekt ISO/CD 22183: Plastics – Determination of tensile properties at high rate using a servo-hydraulic testing machine
- ISO 527-1, ISO 527-2; ASTM D638: Bestimmung der Zugeigenschaften (deckt nur den Bereich geringer Dehnraten ab)
- SAE J2749 Nov2008: High Strain Rate Tensile Testing of Polymers
- ISO 18872: Kunststoff – Bestimmung der Zugeigenschaften bei hohen Dehnraten
- ISO 82568, ASTM D1822: Bestimmung der Schlagzugzähigkeit (Kunststoff)
Schnellzerreißversuche
Messdatenerfassung
Bei Schnellzerreißversuchen werden häufig die Proben mit Dehnungsmessstreifen versehen, um eine genauere Kraftmessung zu bekommen. Dazu wird die Probe in einem Bereich, der sich nur elastisch verformt, auf zwei Seiten vorne und hinten, mit DMS appliziert, die diagonal als Halbbrücke verschaltet werden. Das Messsignal weist deutlich weniger Schwingungen auf als das Kraftsignal vom Piezo-Kraftaufnehmer.
Zusätzlich kann die Probe im Prüfquerschnitt mit DMS appliziert werden für eine genaue Dehnungsmessung. Hierfür wird ein DMS als Viertelbrücke geklebt. Da die Versuchszeiten sehr kurz sind, nur ein paar Millisekunden, werden sehr schnelle Messverstärker benötigt und eine zusätzliche Transientenkarte.