Aus Mondstaub: 3D-Drucker von Lithoz fertigen Werkzeuge für Mondstation
Eine Raumstation auf dem Mond. Das ist weitaus mehr als eine kühne Vision. Nicht zuletzt dank der internationalen Artemis Mondmission, deren Ziel es ist wieder Menschen auf den Erdtrabanten zu bringen. Die Lithoz GmbH aus Wien forscht – als Spezialist für technische Keramik in additiver Fertigung – für ein Projekt mit der Europäischen Weltraumorganisation (ESA), wie sich Werkzeuge und Baustoffe für eine Mondstation aus Lunar Regolith (Mondstaub) mittels 3D-Druck herstellen lassen. Geprüft wurde mit ZwickRoell Maschinen.
„Alles, was ein Mensch sich vorstellen kann, können andere Menschen verwirklichen." (Aus: In 80 Tagen um die Welt, Jules Verne)
Ein Haus am See – oder in den Bergen: Wer träumt nicht auch davon? Aber ein Haus auf dem Mond? Was sich nach Szenen aus Science-Fiction Romanen oder Filmen anhört, daran arbeiten Forscher und Wissenschaftler seit geraumer Zeit – gemeinsam mit internationalen Raumfahrtbehörden – wie aktuell im Rahmen der Artemis-Mondmission. Die Vision: Über kurz oder lang eine Raumbasis auf dem Mond errichten. Das Ziel: Von dort aus weiter ins All vorstoßen und die Kosten dieses teuren Transportwegs von der Erde zum Mond deutlich verringern. Für den Bau einer Mondstation müssten etwa jede Schraube, jeder Ziegelstein, Zement und jeder Stahlträger dorthin gebracht werden – eine mitunter sehr kostspielige Angelegenheit, denn bisweilen kostet ein Kilogramm Nutzlast in den Erdorbit zu bringen bis zu 54.000 Dollar.
ISRU-Prinzip: Vor Ort Vorhandenes verarbeiten
Die Lösung zur Kostenreduzierung lautet: Lunar Regolith, sprich Mondstaub. Denn dieser findet sich auf dem Erdtrabanten zuhauf – und könnte nach dem ISRU-Prinzip (in situ ressource utilization), vor Ort als „Rohstoff“ dienen, um daraus für die Mondbasis benötigtes Baumaterial, Werkzeug oder auch Möbel herzustellen. Bei ISRU in der Weltraumforschung geht es darum, die zur Verfügung stehenden Rohstoffe einzusammeln, zu verarbeiten und zu nutzen und somit Materialien zu ersetzen, die ansonsten von der Erde importiert werden müssten.
Plänen zufolge, an denen auch die ESA arbeitet, soll auf diese Weise sogar eine komplette Mondstation entstehen – und zwar per 3D-Druck. Vereinfacht erklärt, müssten lediglich 3D-Drucker auf den Mond gebracht werden, um dort benötigte Materialien und Werkzeuge zu drucken.
Echter Mondstaub ist unbrauchbar – Prüfungen mit synthetischem Material
In ihrem Projekt „Moon Dust“ befasst sich die Lithoz GmbH aus Wien speziell mit diesem Thema – und ist seit ihrer Gründung 2011 inzwischen sogar Spezialist und Weltmarktführer im Bereich additiver Fertigungssysteme für Hochleistungskeramik. Werkstoffingenieure und Materialprüfer der Lithoz GmbH, die von den beiden Absolventen der Technischen Universität (TU) Wien und heutigen Geschäftsführern – Johannes Benedikt und Johannes Homa – gegründet wurde, arbeiten an einem Verfahren, um aus synthetisiertem Mondstaub per 3D-Drucker Werkzeug und Verschleißteile zu produzieren. Synthetischer Mondstaub deshalb, da es auf der Erde zwar – von früheren Mondmissionen – rund 400 Kilogramm Mondgestein gibt, dieses aber durch Luft und Feuchtigkeit unbrauchbar für heutige Versuchszwecke ist, da es seine chemische Reaktivität verloren hat. Die Mondregolith-Simulanzien jedoch besitzen ähnliche chemische, mechanische oder technische Eigenschaften wie echter Mondregolith.
Im Rahmen der LUPIN Studie mit der ESA entwickelte die Lithoz GmbH ein Verfahren, mit ihrer Lithographie-basierten Drucktechnologie den Regolith zu verarbeiten. Beim LCM 3D-Druck wird ein keramischer Schlicker, der fotoreaktiven organischen Binder enthält, mit blauem Licht pixelgenau Schicht um Schicht belichtet und so an den entsprechenden Stellen verhärtet, um sogenannte keramische Grünteile makelloser mechanischer Festigkeit für die weitere Verarbeitung herzustellen.
„Unsere LCM Technologie ist - wenn man auf die Qualität der Ergebnisse Wert legt – führend und der Goldstandard im keramischen LCM 3D-Druck", erklärt Geschäftsführer Johannes Homa.
Stabilität von Mondstaub wird in Druck- und 3-Punkt-Biegeversuchen geprüft
Noch steht zwar in den Sternen, wann Bauteile auf dem Mond per 3D-Druck von Lithoz hergestellt werden. Doch wenn es so weit ist, hätte mitunter auch der Ulmer Prüfmaschinenhersteller ZwickRoell Anteil am Projekt - und möglichen Erfolg, denn in puncto Maschinenentwicklung, Materialienprüfung und Prozessentwicklung arbeiteten die beiden Gründer Benedikt und Homa schon zu Studienzeiten an der TU Wien mit ZwickRoell Prüfmaschinen. „Unsere ersten Gehversuche im Bereich 3D-Druck haben wir an der Hochschule unternommen. Daher kennen und schätzen wir auch die zuverlässigen und präzisen ZwickRoell Prüfmaschinen“, sagt Johannes Benedikt, Technischer Direktor (CTO) bei der Lithoz GmbH. Daher prüften Werkstoffingenieure bei ZwickRoell in Ulm im November - im Auftrag der Lithoz GmbH - Mondstaub-Proben, ob sie sich eignen als Grundmaterial für Werkzeug oder Baumaterial im Weltraum. Die zweitägigen Prüfungen umfassten Druck- und 3-Punkt-Biegeversuche. „Für uns stellten die Materialtests mit Regolith ein Novum dar, die wir den speziellen Kundenanforderungen entsprechend aber sehr gut durchführen konnten“, resümiert Tobias Ebner, verantwortlicher Werkstoffingenieur bei ZwickRoell für die Probenprüfungen des Projektes „Moon Dust“. Und ergänzend fügt er an: „Die Bewertung der Prüfergebnisse, ob und inwieweit sich das Material eignet für den Bau einer Mondstation oder es angepasst werden muss, das obliegt jetzt unserem Auftraggeber.“
„Wir sind bekannt in der wissenschaftlichen Community“
Bei ihrem "kometenhaften Aufstieg" im Bereich keramischer 3D-Druck zeichnet die Lithoz GmbH ein besonderer Dreiklang aus – der möglicherweise schon bald im Weltraum zu hören – oder genauer - zu sehen sein dürfte: Von der Grundlagenforschung über die angewandte Forschung bis hin zur Entwicklung einsatzfähiger – und für die Industrie – nutzbarer und marktreifer Produkte, bietet die Lithoz GmbH umfassendes Know-how in puncto 3D-Druck mit passgenauen Lösungen. Nicht zuletzt deshalb ist auch die ESA einer der Partner und kooperiert eng mit dem österreichischen Unternehmen. Zudem bestehen durch den universitären Hintergrund der beiden Geschäftsführer „beste Kontakte zur wissenschaftlichen Community“ und das Unternehmen sei „sehr bekannt“, wie Johannes Homa Geschäftsführer (CEO) ausführt. Trotz des unternehmerischen Erfolges: „Völlig losgelöst“ arbeite die Lithoz GmbH nicht - und setze trotz ihres Wachstums weiter auf Bodenhaftung: So beschäftigt das Unternehmen mehr als 135 Personen, produziert und entwickelt hauptsächlich am Hauptsitz in Wien – und setzt auf eine enge Zusammenarbeit mit Experten aus Forschung, Wissenschaft und Industrie.
Grenze des Machbaren verschieben, vordringen in neue Sphären
Bis der Bau einer Raumstation auf dem Mond beginne, gebe es laut Lithoz Geschäftsführer Homa zwar noch „ein paar Sonnenumrundungen der Erde“. Und er unterstreicht, dass „der Weg zum Mond kein leichter sein“ werde. Aber: er sei „geplant und geebnet“. So sei es lediglich eine Frage der Zeit, bis auf dem Mond eine Basisstation entstehe. Die Lithoz GmbH sei auf einem guten Weg ihre „Mission zu erfüllen und höchste Qualität für den keramischen Druck zu liefern“ und die Grenzen der Keramikentwicklung kontinuierlich zu verschieben. „Wir möchten dazu beizutragen, dass Menschen in unbekannte Galaxien vorstoßen und neue Welten erkunden“, erläutern die Keramikspezialisten die Unternehmensbestrebungen.
„Der Bau einer Mondstation wird ein großer Schritt für die Raumfahrt und ein Meilenstein für die Menschheit. Wir bei der Lithoz GmbH sind bereit, Teil dieser spannenden Reise und Entwicklung zu sein“. Und Benedikt ergänzt: „Wer zum Mond fliegt, kommt an uns nicht vorbei. Als sehr verlässlicher Partner hat uns ZwickRoell eine sehr wichtige Datenbasis geliefert, die uns für diese Mission zentrale Erkenntnisse geliefert hat. Dank ZwickRoell sind wir einen entscheidenden Schritt vorangekommen. Wir möchten - im wahrsten Sinne des Wortes - nach den Sternen greifen und das Denkbare ermöglichen und weltraummäßig mit unserer Kompetenz umsetzen.“